Ein kaiserlicher Genuss
Nach kurzer Suche am Wandfuß entlang, finden wir den kleinen blauen Halbmond, der den Einstieg unseres heutigen Ziels markiert. Seil herrichten, Kletterschuhe anziehen, T-Shirt ausziehen, es kann losgehen.
Wir befinden uns an der Südseite des Wilden Kaisers. Genauer gesagt am Fuß der Südwand der Kopfkraxe. Mit der Hoffnung auf viel Sonne fiel unsere Wahl auf die Route „Blue Moon“. Unsere Hoffnungen sollten sogar übertroffen werden.
Schon beim Losgehen am Gasthof Jägerwirt, oberhalb von Scheffau, kam es uns, entgegen unseren Erwartungen, gar nicht so kalt vor. Den unkomplizierten Zustieg brachten wir schnell hinter uns. So waren wir nach einer knappen Stunde am Rucksackdepot, das unübersehbar neben einem kleinen Wasserfall liegt. Nach kurzer Pause und mit Blick auf den Großvenediger-keine Wolke weit und breit-starteten wir Richtung Einstieg, ein Geröllfeld später war der blaue Halbmond zu sehen.
In den ersten zwei Seillängen bewegt man sich in eher brüchigem Gelände, die Kletterei ist gestuft und einfach.
Durch den von der Sonne aufgeheizten Fels komme ich trotz einfachem Gelände und 10 °C, ins Schwitzen. Ich steige die dritte Seillänge vor, dort heißt es, auf einer geneigten Platte, an zwei parallel verlaufenden Wasserrillen technisch sauber zu klettern. Keine schlechte Länge. Dann folgt ein kleiner Quergang und abwechslungsreiche Kletterei bis wir zum Ausgangspunkt der fünften Seillänge kommen. Man sieht gleich was uns erwartet: eine perfekte Piazverschneidung, die immer steiler werdend nach oben zieht. Ein absolutes Highlight. Hier ist Ausdauer gefragt und es heißt dranbleiben bis zum Schluss, was uns gelingt.
Nach zwei Seillängen, die an einem Pfeiler nach oben ziehen gelangen wir über eine kurze Verbindungslänge zum Start der achten Länge. Der zunächst wenig spektakulär wirkende Pfeiler weist super Wandkletterei aus. Ausgesetzt und an guten Griffen bewege ich mich nach oben. Beeindruckt von der Topkletterei komme ich zum Stand. Die restlichen drei Seillängen sind zwar eher wieder brüchig, stellen aber kein Problem mehr dar. Nach insgesamt elf Seillängen genießen wir den Ausblick vom grasigen Plateau der Kopfkraxe. Der Abstieg ist für Kaiser-Verhältnisse relativ unkompliziert: über den Normalweg kommen wir direkt wieder beim Wasserfall an.
Blue Moon wurde 2005 von Herbert Haselsberger und Helga Goebel eingerichtet und ist ausreichend mit Bohrhacken abgesichert. Trotz der ein oder anderen brüchigen Stelle und kurzer Verbindungsseillängen ist die Tour einen Besuch wert. Die 5. und die 8. Seillänge warten mit feiner Kletterei und entsprechend guter Felsqualität auf. Die Tour ist mit 6+ bewertet. Diesen Grad sollte man auch drauf haben um einzusteigen, denn die schwierigen Längen bewegen sich anhaltend im 6. Grad.
Wir erlebten eine schöne Tour bei wolkenlosem Himmel ohne auf eine andere Seilschaft zu treffen. Dies war wohl der Tatsache geschuldet, dass es nur 10 °C warm war, wir schwitzten dennoch im T-Shirt.
Blue Moon 6+
Südwand der Kopfkraxe, Wilder Kaiser
450m, 11 Seillängen (1.SL: 5-; 2.SL: 4; 3.SL: 6+; 4.SL: 5-; 5.SL: 6+; 6.SL: 5; 7.SL: 6; 8.SL: 6+; 9.SL: 5+; 10.SL: 2; 11.SL: 4+)